„Hier regiert der KSC! Hier regiert der KSC!“ Die Fans aus Spremberg hatten gute Laune nach Abensberg mitgebracht, sorgten für ordentlich Stimmung in der Josef-Stanglmeier-Halle und nahmen sich dabei auch selbst nicht ganz so ernst. Denn der KSC Asahi Spremberg – die selbst ernannte „Gurkentruppe“ – regierte mitnichten in Abensberg, lag zum Zeitpunkt der lautstarken Rufe aus der Gästekurve mit eins zu sechs schon gnadenlos zurück.
Doch für die Gästefans war das egal, sie hatten sportlich den Viertelfinal-Rückkampf der Judo-Bundesliga schon von vornherein quasi abgehakt: „Wir sind gekommen, um hier mit Anstand zu verlieren“, sagte einer der mitgereisten Schlachtenbummler, die mit Phrasen wie „heiliger Boden“ oder „Judo-Mekka“ ihre Bewunderung für die Gastgeber ausdrückten. Letztlich lief es dann aber sportlich doch besser als erwartet: Am Ende siegten die Babonen zwar mit 9:5, „aber wir haben uns gut aus der Affäre gezogen und mehr Punkte als erwartet geholt“, frohlockten die Fans am Ende und stimmten gleich noch mal ein „Hier regiert..“ an.
Nachwuchs zahlt Lehrgeld
Dass die Spremberger Punkte hauptsächlich gegen Abensberger Nachwuchskämpfer zustande kamen, war für die Männer aus dem Spreewald dann auch schon egal. Ihre fünf Zähler holten die Gäste beinahe ausschließlich gegen Kämpen aus der zweiten Abensberger Reihe: So verlor Fabian Ennerst im Golden Score nach guter Leistung gegen Lucas Gerlach, Daniel Scheller nach 30 Sekunden gegen Max Zimmermann. Auch Markus Tuscher versuchte alles, hatte gegen den deutschen 100kg-Vizemeister Dominic Schönefeldt aber keine Chance – auch weil er zwei Gewichtsklassen nach oben rückte. „Teilzeit-Judoka“ Dominik Gerzer mühte sich gegen Kader-Kämpfer Sebastian „Bärchen“ Bähr vergeblich und Robert Dumke verlor einen umstrittenen Kampf gegen Stefan Niesecke. Der Stimmung in der gut besetzten Halle tat das letztlich nur gut, weil auch die Abensberger Fans, wie Fan-Club-Vorsitzender Ernst Hueber, nicht wirklich betrübt waren. „Es ist der richtige Weg. Wie sollen die jungen Kämpfer ohne Einsätze Erfahrung sammeln? Das passt schon so, denn sie werden beim Umbruch in den kommenden Jahren wohl mehr Verantwortung tragen – gerade auch wegen des Karriereendes von Christopher Völk und Sven Maresch“, wagte er einen Blick in die Zukunft.
Einen sportlichen Bericht über das Viertelfinale finden sie hier:
Spremberg war mehr als eine Gurkentruppe
Die Angesprochenen feierten bei ihren jeweils letzten Auftritten auf der Abensberger Matte – beide siegten – gleich auch ihren Abschied von den Fans und ernteten stehenden Ovationen. Im Final Four, das aller Voraussicht nach in Leipzig stattfinden wird, stehen die beiden aber nochmals im Abensberger Kader. Auf einen anderen hoffen die TSV-Anhänger dort auch inständig: den tschechischen Internationalen Lukas Krpalek. „Er würde uns guttun“, sagt Hueber, „aber auch so haben wir eine Chance gegen Hamburg. Außerdem ist es doch toll, dass wir nach zwei Jahren in Regionalliga und Zweiter Bundesliga überhaupt wieder zum Finalturnier fahren dürfen.“
Fan übernachtet im Auto
Noch zuversichtlicher war Fan Stefan Merkel: „Abensberg wird Meister – zu 100 Prozent.“ Der TSV-Fan war wieder einmal die 350 Kilometer aus Baden-Baden angereist und hatte sogar im Auto übernachtet, nur um seinen Lieblingsverein zu unterstützen. „Der TSV Abensberg ist für mich eine Herzensangelegenheit – auch während des Rückzugs aus der Bundesliga und egal, wie es auch weitergehen mag“, sagt er und unterstrich seine Gefühle mit einem riesigen Vereinswappen aus Stahl, das er eigens angefertigt und vor dem Kampf an den TSV übergeben hatte. „Ich wollte damit zeigen, wie sehr ich die Abensberger Arbeit schätze. Für mich als aktiven Judoka ist jeder Besuch hier Gänsehaut pur.“
Teammanager Fabian Seidlmeier über die Abensberger Chancen im Final Four und die Zukunft des Vereins:
Die hatten auch die G-Judoka, die mit ihrem Coach Alwin Brenner auf der Tribüne begeistert den Kämpfen folgten: „Das ist Anschauungsunterricht erster Güte“, sagte Brenner. „Für uns alle eine neue Erfahrung.“ Der Trainer der Judoka mit geistiger Behinderung durfte mit seinen Schützlingen aber nicht nur von den Zuschauerbänken aus Erfahrungen sammeln, schon am Nachmittag stand ein Training mit den Abensberger Athleten auf dem Programm – zur WM-Vorbereitung der G-Judoka. „Das war ein Traum. Die Profis haben meinen Kämpfern neue Techniken beigebracht, es gab keine Berührungsängste und das in einer ganz lockeren Atmosphäre. Einfach ein Traum.“
Träume haben auch die stimmgewaltigen Fans aus Spremberg: „Wir hoffen, dass die Bundesliga für uns keine Eintagsfliege ist, dass wir noch oft hierher nach Abensberg fahren dürfen und irgendwann dann – zumindest ein einziges Mal – mehr mitnehmen, als nur den Respekt der Athleten und Zuschauer.“ Sagten es und stimmten wieder ihr „Hier regiert der KSC!“ an – das irgendwann – zumindest einmal – sogar zutreffen könnte.
Und hier ist "ER", unser Imagefilm der Judoabteilung des TSV Abensberg. Vielen herzlichen Dank an den Regionalsender TVA Regensburg für die Produktion und die Unterstützung! Vui Spass beim schaug´n, darf sehr gerne weiter geteilt werden!