UPDATE Hunderte Menschen haben nach der Bundestagswahl in mehreren Großstädten gegen die rechtsnationale AfD protestiert. Allein vor dem Gebäude der AfD-Wahlparty am Alexanderplatz in Berlin versammelten sich rund 1000 Menschen. Sie versuchten mit lauten Pfiffen die Veranstaltung zu stören und riefen Parolen wie "Haut ab, haut ab" und "AfD Rassistenpack". Zu einer Spontandemo kamen mehrere Hundert Protestierende in Leipzig zusammen.
Auch in Köln, Hamburg und Frankfurt kamen Menschen zu Anti-AfD-Kundgebungen zusammen. In der Main-Metropole zogen nach Angaben der Polizei rund 800 Menschen durch die Innenstadt. Zu Zwischenfällen kam es nicht. In Köln waren es 400 Anti-AfD-Demonstranten, die einen angemeldeten Protestzug durch die Innenstadt veranstalteten. Auch hier blieb es friedlich. Ebensoviele Demonstranten waren es in Hamburg. Im Internet äußerten zahlreiche Menschen auf Twitter ihren Unmut über das starke Ergebnis der rechten Partei: Der Hashtag #fckafd tauchte in den Twitter-Trends zeitweise unter den ersten fünf Plätzen auf.
Die bisherige Arbeitsministerin Andrea Nahles fordert nach der Wahlniederlage der Sozialdemokraten Veränderungen in ihrer Partei. "Das ist eine große Niederlage, das müssen wir uns eingestehen und wir brauchen einen programmatischen und organisatorischen Neuanfang", schreibt sie auf Facebook. "Ein weiter so kann es nicht geben." Nahles wird als Favoritin auf den SPD-Fraktionsvorsitz gehandelt.
Eine erneute große Koalition mit der Union schließt Nahles wie zuvor bereits Kanzlerkandidat Martin Schulz aus. "Für die SPD besteht bei dem Wahlergebnis überhaupt kein Anlass, über eine Weiterführung der GroKo nachzudenken."
WV-Nr | Partei | Erststimmen | Prozent |
---|---|---|---|
1 | Holmeier, Karl (CSU) | 36.332 | 42,66% |
2 | Schieder, Marianne (SPD) | 26.866 | 31,55% |
7 | Aumeier, Frank (FREIE WÄHLER) | 6.398 | 7,51% |
6 | Brey, Marius Josef (DIE LINKE) | 4.518 | 5,31% |
4 | Tegtmeier, Ines (FDP) | 3.977 | 4,67% |
3 | Winklmann, Tina (GRÜNE) | 3.781 | 4,44% |
9 | Dr. Scheingraber, Stefan (ÖDP) | 1.957 | 2,30% |
22 | Ehrl, Ewald | 1.334 | 1,57% |
UPDATE Kurzer Blick zum Volksentscheid über den Berliner Flughafen Tegel. Dabei liegen die Unterstützer nach Auszählung von rund einem Drittel der Berliner Wahlbezirke in Führung. Gegen 21.50 Uhr waren die Ergebnisse aus 900 von 2439 Wahlbezirken (37 Prozent) bekannt. 55,4 Prozent der Wähler sprachen sich für die Offenhaltung von Tegel aus, wie die Landeswahlleiterin auf ihrer Internetseite mitteilt. 42,6 Prozent forderten eine Schließung Tegels nach der Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens in den kommenden Jahren. Das endgültige Ergebnis soll in der Nacht vorliegen.
Die Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt erwartet ein hartes Ringen um die Bildung einer möglichen Koalition aus Union, FDP und Grünen. "Ich bin sicher, wir werden uns da streiten, es wird hart werden, das wird schwierig werden, es wird kompliziert werden", sagt sie in der "Berliner Runde" von ARD und ZDF. "Ich weiß nicht, ob es zu einem Ergebnis kommen wird."
CDU-Chefin Angela Merkel hält es für möglich, dass eine neue Regierung trotz schwieriger Koalitionsverhandlungen bis Weihnachten im Amt ist. Auf die Frage, wie zuversichtlich sie sei, den Deutschen bis Weihnachten eine stabile Regierung präsentieren zu können, sagt sie: "Ich bin generell immer zuversichtlich. Und außerdem: Seit vielen Jahren habe ich das Motto: in der Ruhe liegt die Kraft."
AfD-Parteichef Jörg Meuthen kündigt an, dass seine Partei als Oppositionskraft im Bundestag Ausländerfeindlichkeit und Rassismus nicht akzeptieren werde. "Wir werden Ausländerfeindlichkeit ebenso wenig dulden wie rassistische Positionen - wir haben sie aber auch schlicht nicht", sagt Meuthen in der "Berliner Runde" von ARD und ZDF.
Man wolle sich bei der Arbeit im Parlament an die demokratischen Spielregeln halte. Eine Opposition müsse aber auch provozieren.
Die Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt fordert eine Auseinandersetzung mit der AfD im Bundestag. "Ignorieren kommt für mich nicht infrage", sagte sie in der "Berliner Runde" von ARD und ZDF. "Ich bin nicht dazu bereit, mir jede Debatte durch die AfD bestimmen zu lassen." Die Demokraten im Parlament müssten sich darauf verständigen, wie diese Auseinandersetzung mit der AfD geführt werden könnte. "Es kann doch nicht sein, dass wir einer Partei eine offene Bühne bieten, die teilen will, die das Land spalten will."
Angela Merkel weist hat Spekulationen über eine mögliche Minderheitsregierung der Union zurück. "Ich sehe das nicht. Ich habe die Absicht, dass wir zu einer stabilen Regierung in Deutschland kommen", sagt Merkel in der "Berliner Runde" von ARD und ZDF. Eine stabile Regierung sei bisher ein Kennzeichen der Bundesrepublik gewesen. Deutschland habe immerhin "verdammt viele Zukunftsaufgaben zu lösen". Die Union werde Gespräche über eine Regierungsbildung führen, betonte Merkel. Einen Zeitpunkt für den Beginn solcher Gespräche nannte sie nicht.
In Nordrhein-Westfalen hat die AfD gezeigt, dass sie kein Interesse an der Sacharbeit hat. Da gibt es ein paar provokante Äußerungen und dann machen die sich ab ans Büffet.
• FDP-Chef Christian Lindner ruft in der "Berliner Runde" von ARD und ZDF dazu auf, sich von der AfD im neu gewählten Bundestag nicht ständig provozieren zu lassen.
Angela Merkel äußert sich zurückhaltend zu AfD-Forderungen nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu ihrer Flüchtlingspolitik. "Ich scheue mich vor keinem Untersuchungsausschuss", sagt Merkel in der "Berliner Runde" von ARD und ZDF. Die CDU-Chefin ergänzt aber: "Wir müssen nur aufpassen, dass wir noch genug Zeit haben, uns um die Zukunft zu kümmern." Es gehe um die wirtschaftliche Zukunft des Landes, Deutschland befinde sich "in einer der dramatischsten Umbrüche der Menschheit", der Digitalisierung.
SPD-Chef Martin Schulz gibt Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Mitschuld am Erstarken der rechtspopulistischen AfD. "Ich glaube, dass Frau Merkel einen Wahlkampf geführt hat, der skandalös war", sagt der gescheiterte Kanzlerkandidat in der "Berliner Runde" von ARD und ZDF. "Die systematische Verweigerung von Politik hat ein Vakuum entstehen lassen, das die AfD teilweise geschickt gefüllt hat. Ich glaube dass Frau Merkel eine große Verantwortung dafür trägt."
Die AfD will sich nach Worten von Parteichef Jörg Meuthen im neuen Bundestag als konstruktive und harte Oppositionskraft einbringen. "Krawall ist für uns keine Kategorie, wir wollen eine sehr harte, deutliche Opposition machen. Die hat dieses Land auch bitter nötig, denn die hat dieses Land bis jetzt nicht gehabt", so Meuthen in der "Berliner Runde" von ARD und ZDF.
Die AfD beklage massive Rechtsbrüche der Regierung in der Migrations- und Europapolitik. "Wer regiert, werde sich warm anziehen müssen", erklärt der AfD-Fraktionschef im baden-württembergischen Landtag. Im Gegensatz zur zweiten Parteivorsitzenden Frauke Petry kandidierte er selbst nicht für den Bundestag.
Übrigens, bisher gab es nur in der Gründerzeit eine eindeutig rechtsextreme Partei im Parlament: die Deutsche Konservative Partei/Deutsche Rechtspartei (DKP-DRP) von 1949 bis 1953.
Nach Angaben des Bundestags gab es in ihren Reihen "Rechtsextremisten unterschiedlicher Prägung, bis hin zu Anhängern des Nationalsozialismus". Vor Einführung der bundesweiten Fünf-Prozent-Hürde zog die Partei bei nur 1,8 Prozent der Stimmen mit fünf Abgeordneten ins Parlament ein. Zusammen mit Abgeordneten der Nationaldemokratischen Partei (NDP) gründete sie die Bundestagsgruppe Nationale Rechte (NR).
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann zeigt sich ernsthaft besorgt über den Einzug der AfD in den Bundestag. Dies sei ein tiefer Einschnitt in der Nachkriegsgeschichte. "Das beunruhigt mich und macht mir Sorgen", sagt er im SWR-Fernsehen. Der Grünen-Politiker spricht von einem "Schock" über das Abschneiden der AfD, die eine "rechtspopulistische, ja auch zum Teil rechtsradikale Partei" sei. Dem ZDF sagt er: "Dort, wo die AfD völkisch-rassistisch wird, müssen wir ihnen entgegentreten."
Charlotte Knobloch nennt das starke Abschneiden der AfD bei der Bundestagswahl einen "wahr gewordenen Alptraum".
Posted by tagesschau on 9/24/2017 5:55:11 PM
Proteste gegen den Einzug der AfD in den Bundestag. In Frankfurt am Main ziehen Demonstrationsteilnehmer mit einem Banner mit der Aufschrift "Ganz Frankfurt hasst die AfD!!!" durch das Bahnhofsviertel. Am Berliner Alexanderplatz haben sich AfD-Gegner vor dem Gebäude der Wahlparty der Partei versammelt, um gegen den Wahlerfolg zu protestieren. Hunderte Menschen demonstrieren auch in Köln gegen die Rechtspopulisten.
Die AfD ist im Osten Deutschlands bei der Bundestagswahl zweistärkste Partei geworden - bei den ostdeutschen Männern schnitt die Partei sogar am besten ab. Laut infratest dimap machten insgesamt 26 Prozent der ostdeutschen Männer ihr Kreuzchen bei der AfD, bei den Frauen waren es 17 Prozent. Zum Vergleich: Im Westen votierten 13 Prozent der Männer und 8 Prozent der Frauen für die AfD.